Eine Arbeit zur sozialen Choreografie »Knotunknot« von Dana Caspersen und William Forsythe.

»Knotunknot« ist eine soziale Choreografie von Dana Caspersen und William Forsythe. Bei der Performance sitzen je vier, sich völlig fremde Persone — teils mit Migrationshintergrund — an quadratischen Tischen gegenüber. Die Regeln sind einfach. Sprechen, Zuhören. Fragen über Persönliches und Gesellschaftliches werden an die Wand projiziert. Die Tischnachbarn reden reihum. Jeder hat zwei Minuten Zeit zu erzählen. Nach einer halben Stunde hat sich die Beklemmung der unfreiwilligen Begegnung gelöst und man spricht gemeinsam über die Erfahrungen des Fremdseins. Die Begegnungen sind flüchtig und offen, aber die Erinnerung an den Austausch bleibt.

Ziel des Projekts mit Dana Casperson und Tomaso Carnetto von der Academy of Visual Arts Frankfurt war es, ausgehend von der sozialen Choreografie, neue Gestaltungsmodule zu erarbeiten und neue Lösungen für folgendes Problem zu entwickeln.

Wie kann man die Bewegung von vier Personen während einer Unterhaltung aufzeichnen um sie als Gestaltungsparameter zu verwenden?

Aufgabe war die Entwicklung eines interaktiven Tischs, der Rückmeldung darüber gibt was während eines Gesprächs auf der Tischplatte passiert. Die mit dem Tisch gesammelten Informationen können auf unterschiedlich Weise analysiert, interpretiert und verarbeitet werden. Die Umsetzung als Skulpturen ist eine Möglichkeit.

Insgesamt etwa 800 Scheiben wurden zu 4 verschiedenen Skulpturen verklebt.

LDR Matrix Tisch

Bewegungen die eine Person während einer Unterhaltung vollzieht sind ungeheuer komplex. Wenn man diese als Gestaltungsparameter nutzten möchte und sich der technische als auch finanzielle Aufwand in Grenzen halten soll, muss man reduzieren.
Die Arbeit reduziert darauf was während einem Gespräch in unmittelbarer Nähe der Tischplatte passiert. Dafür wurde ein Sensor-Tisch entwickelt. Die Größe der Tische war mit 80×80 cm vorgegeben und die Personen sollten in keiner Form durch den Tisch beeinträchtigt werden. Die Technik soll sich auf den Menschen einstellen und nicht anders herum.
Die Lösung basiert auf einer Matrix aus 16 x 16 lichtempfindlichen Widerständen (LDR – Light Dependent Resistor), die mit einem Abstand von 5cm auf der Tischplatte angeordnet sind. Wenn sich ein Objekt der Platte nähert, entsteht durch das Umgebungslicht ein Schatten. Ein Arduino ließt permanent die Sensormatrix aus und sendet die 256 Helligkeitswerte via Ethernet an einen Computer. Das dort laufende Java Programm erzeugt live ein Graustufenbild aus den empfangenen Sensorwerten. Der Tisch überträgt etwa 10 Datensätze pro Sekunde, die vom Java Programm aufgezeichnet und verarbeitet werden können.

Von den Daten zur Skulptur

Eine Tischplatte kann man als eine Art zweidimensionaler Raum betrachteten, der über den Zeitraum der Konversation von den Beteiligten verschieden beansprucht wird. Die Skulpturen zeigen die Metamorphose dieses Raums über einen bestimmten Zeitraum und machen diesen (be)greifbar. Genauer gesagt, den verbleibenden Freiraum zwischen den Personen.
Um den Freiraum zwischen den Personen zu ermitteln, wird der Tisch bei der Auswertung in acht Zonen unterteilt. Die Aufteilung basiert auf der Feststellung dass sich die Personen während einem Gespräch so gut wie nie aus ihrem »Dreieck« heraus bewegen. Das Programm ermittelt, für jede Zone den nächsten Punkt zur Tischmitte. Diese Punkte werden dann verwendet um ein achteckiges Polygon zu zeichnen. Kann in einer der Zonen kein Punkt ermittelt werden, wird der Punkt an die entfernteste, mögliche Stelle in der jeweiligen Zone gesetzt – eine der vier Tischecken. So wird bei ungenutztem Tisch, aus dem achteckigen Polygon ein Quadrat, welches den gesamten Tisch ausfüllt.
Das Polygon wird nicht direkt mit den gefundenen Punkte gezeichnet. Es verwendet diese Punkte nur als Zielpunkte denen es sich langsam annähert. Diese Glättung ermöglicht auch noch beim überspringen mehrerer Datensätzen eine Tendenz herauszulesen. So kann das Auge die Veränderungen besser erfassen und kleine Auswertungsfehler haben keinen großen Einfluss auf das Gesamtbild der Skulptur.

Die einzelnen Scheiben der Skulpturen wurden, mit einem computergesteuerter Schneideplotter, aus Wellpappe ausgeschnitten und gleichzeitig nummeriert. Insgesamt etwa 800 Scheiben wurden zu 4 verschiedenen Skulpturen verklebt.